Die Bauindustrie im Wandel - das 13. Holcim Bau-Forum
Rund 250 Gäste folgten der Einladung von Holcim nach Bremerhaven
Das Holcim Bau-Forum ist mit mittlerweile 13 Auflagen eine Traditionsveranstaltung des Bauwesens in Deutschland. So politisch wie am 4. November wurde aber noch bei keinem der insgesamt zwölf Vorgänger-Foren diskutiert. Nicht von ungefähr, widmete sich die Veranstaltung doch dem die breite Öffentlichkeit bewegenden Klimawandel und hier dem Metier des Gastgebers Holcim: dem Klimafreundlichen Bauen. Passend dazu fand das Bau-Forum in Bremerhaven statt, als Hafenstadt unmittelbar von den Folgen des Klimawandels bedroht und mit dem Klimahaus Heimat einer der populärsten Adressen zum Thema.
Von gesellschaftlichen Erwartungen zu konkreten Lösungen
Schon Moderator Peter von Sassen machte in seinen Gedanken zu Beginn der Veranstaltung deutlich, dass die gesellschaftlichen Anforderungen an die Baubranche gestiegen sind. Er lobte Gastgeber Holcim für die Themensetzung des Bau-Forums und die Positionierung als Vorreiter bei dem Thema. Aber nicht ohne daran klare Erwartungen zu knüpfen: “Wenn Sie klimafreundliches Bauen versprechen, dann müssen Sie auch liefern!”.
Holcim CEO Thorsten Hahn erklärte, dass das Unternehmen sich dieser Verantwortung sehr bewusst sei: “Eine lebenswerte Umwelt ist ebenso wie gute Gebäude und Infrastruktur ein Grundbedürfnis der Menschen. Deshalb ist es unser Bemühen, unsere Produkte so nachhaltig wie möglich herzustellen und unseren CO2-Fußabdruck wesentlich zu verringern.” Hahn verwies auf konkrete Schritte, beginnend mit der Reduzierung von Betonmengen bei Fertigteilen über den Einsatz klinkerreduzierter Zemente bei den Hauptbetonsorten bis zur Abscheidung von CO2 im Zementproduktionsprozess zur anschließenden Nutzung als Rohstoff. Der Erfolg der Maßnahmen hänge nicht zuletzt von der Bereitschaft der Kunden ab, die Produkte und Lösungen auch nachzufragen. Daher sollen vor allem Planer, Architekten, Bauherren und Investoren von nachhaltigen Baustofflösungen und Innovationen begeistert werden.
Faktencheck in “post-faktischen Zeiten”
Wie wichtig der Kampf gegen den Klimawandel ist, unterstrich der Eröffnungsredner des Bau-Forums Prof. Mojib Latif vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung, vielen aus dem Fernsehen bekannt. In seinem “Faktencheck Klimawandel” widerlegte er die verbreitete These vom Expertenstreit um den Klimawandel. Kein seriöser Wissenschaftler stelle diesen in Frage, die heutige Medienöffentlichkeit stürze sich aber auf abweichende Parolen und Populisten machten sich diese in “post-faktischen Zeiten” zunutze. Auch hier wurde wieder die politische Dimension des Tagesthemas deutlich, zumal Latif die “schweigende Mehrheit” dazu aufrief, sich gegen diese laute Minderheit immer wieder zu Wort zu melden.
Er nahm das Publikum mit auf eine Reise durch die Wissenschaftsgeschichte, die bereits im 19. Jahrhundert mit der Berechnung der Folgen steigender CO2-Konzentration in der Atmosphäre begann. Heute sieht auch Latif die Industrie in der Pflicht und betonte, dass nur ein globales Vorgehen Aussicht auf Erfolg bei der Bekämpfung der Erderwärmung verspricht. Die Zukunft sieht Latif dabei nicht im Speichern des CO2, vielmehr müsse man es “als Rohstoff begreifen”.
Mobiles Betonwerk empfängt das Fachpublikum
Neben den Vorträgen bot das Holcim Bau-Forum auch wieder Raum für Dialog. Vor dem Veranstaltungsort Atlantic Hotel Sail City am Weserdeich empfing die Besucher das auf einen zwölf Meter langen LKW-Auflieger gebaute mobile Betonwerk von Holcim (siehe: www.mobiler-beton.de). Das auf die Produktion von nachhaltigem Wärmedämm- bzw. Leichtbeton spezialisierte Fahrzeug sorgte für großes Interesse beim versammelten Fachpublikum. Auch in der begleitenden Ausstellung gab es interessante Informationen, etwa zu den Holcim Lösungen für Wasserbau und Küstenschutz. Blickfang war hier ein Basalton Quattroblock in Originalgröße und -gewicht.
Weitere interessante Vorträge hielten Markus Brunner, Projektleiter Technik beim InformationsZentrum Beton (“Beton - Herausforderungen der Zukunft”), und Christian Grolig, Geschäftsführer Rohstoffe und Umwelt beim Verband der Roh- und Baustoffindustrie e.V. (“Ein Kilo Steine pro Stunde - Ressourcenverfügbarkeit mineralischer Rohstoffe?”). Prof. Holger Schüttrumpf vom Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft an der RWTH Aachen hielt ein überzeugendes Referat zum Thema “Küstenschutz im Wandel: Alternative Baustoffe für wachsende Herausforderungen”. Dabei betonte er auch die Notwendigkeit der Digitalisierung im Küstenschutz, um drohende Schäden in Bauwerken frühzeitig zu erkennen.
Paradigmenwechsel Carbonbeton?
Einen Einblick in die (nahe) Zukunft des Betonbaus gewährte Dr. Frank Schladitz vom Institut für Massivbau an der TU Dresden. Schladitz ist Forschungsgruppenleiter des Projekts C³ – Carbon Concrete Composite, des derzeit weltgrößten Forschungsprojekts im Bauwesen. Das Ziel des Projekts lautet, Carbonbeton marktreif zu machen. Denn der Baustoff hat gegenüber Stahlbeton viele Vorteile. So ermöglicht er durch deutlich besseres Tragverhalten, geringes Eigengewicht und hohe Dauerhaftigkeit schlanke Betonbauteile. Und schlanke Bauteile bedeuten deutlich geringeren Baustoffbedarf und damit eine effektive Schonung natürlicher Ressourcen sowie geringe Emissionen bei der Herstellung. Zudem ist Carbonbeton gut recycelbar. Das Fachpublikum staunte angesichts der Möglichkeiten im Brückenbau oder spektakulärer “Origami-Dächer”. Die großen Forschungsfortschritte und damit verbundene sinkende Kosten machen Carbonbeton schon heute zu einer attraktiven Alternative zum Stahlbeton.
Den letzten Beitrag zu einem intensiven Nachmittag steuerte mit Edward Schwarz der Geschäftsführer der weltweit agierenden LafargeHolcim Foundation for Sustainable Construction bei. Die Stiftung wurde 2003 gegründet, um das Bewusstsein für die wichtige Rolle zu schärfen, die Architektur, Ingenieurwesen, Stadtplanung und Bauwesen für die Gestaltung einer nachhaltigeren Zukunft spielen. Mit Videoeinspielern von Architekturikonen wie Lord Norman Foster unterstrich Schwarz die Herausforderungen des nachhaltigen Bauens gemäß dessen Motto “weniger für mehr”. Ein passender Abschluss der Vorträge, den die Teilnehmer noch im Restaurant des angrenzenden Klimahauses ausklingen ließen. Hier waren sich alle einig: Das Thema Klimawandel wird das Bauwesen verändern und nicht mehr loslassen.
Das 14. Holcim Bau-Forum findet am Montag, den 2. November 2020 statt. Veranstaltungsort und Thema werden im Frühsommer des nächsten Jahres bekannt gegeben.
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